Eines der zentralen Themenfelder der Prähistorischen Archäologie ist die Frage nach dem Wandel prähistorischer Gesellschaften, welche Faktoren ihn ausgelöst haben, welche Lebensbereiche davon betroffen waren und wie sich dieser Wandel in der materiellen Kultur ausdrückte. Um 2800 v. Chr. kommt es in Mitteleuropa zu tiefgreifenden Veränderungen, die einerseits mit einer klimatischen Kaltperiode und andererseits mit der Ankunft neuer Bevölkerungsgruppen zusammenhängen. Letztere haben in der Pontisch-Kaspischen Steppe ihren genetischen Ursprung und tragen ihre einheitliche materielle Kultur (das sogenannte Schnurkeramik-Phänomen) über das gesamte östliche Zentraleuropa bis in die Seeufersiedlungen des Französischen Juras, des Schweizer Mittellandes und Süddeutschlands. Diese eignen sich aufgrund ihrer hervorragenden Erhaltungsbedingungen und der Möglichkeit, mit Hilfe der Dendrochronologie Siedlungsphasen präzise datieren zu können, besonders gut, um den bereits am Ende des 4. Jahrtausends einsetzenden Wandel nachvollziehen zu können, der die Vorbedingung für die schnelle Ausbreitung und Akzeptanz der Schnurkeramik darstellte. Hierzu werden verschiedene qualitative und quantitative Methoden aus Archäologie und Archäometrie, insbesondere Dendrochronologie und Keramikanalyse, sowie Klimaforschung auf Fundstellen angewandt, die in den Zeithorizont zwischen 3400 und 2800 v. Chr. fallen und aufgrund ihrer groben Keramik der Horgen-Gruppe zugeordnet werden. Die Untersuchungen ermöglichen Aussagen zur Datierung und Anlage der Siedlungen, der Subsistenzweise, der Herstellungspraxis der Objekte, sowie zur Mobilität der Bewohner und ihrer Artefakte, welche über die örtlichen gesellschaftlichen Bedingungen in den Seeufergemeinschaften Aufschluss geben. Daraus resultieren Erkenntnisse zu Vulnerabilität, Resilienz und Anpassungsfähigkeit dieser spätneolithischen Siedlungsgruppen auf globale sozio-politische, demographische und klimatische Veränderungen.
Im Rahmen des Projektes fand der Workshop "The Times They Are A‐Changin: Transformation of Central European Neolithic societies at the turn of the 4th to the 3rd millennium BCE" im Juni 2024 statt.
Management:
Prof. Dr. Albert Hafner
Dr. Caroline Heitz
Projektmitglieder:
Corina Gottardi, M.A.
Matthias Bolliger, M.A.
Dr. des. Marta Andriiovych
Dr. des. Mirco Brunner
Delphine Gwendoline Schiess, M.A.
David Brönnimann
Dr. des. Regine Stapfer
Dr. Martin Hinz
Dr. Frank Gfeller
Dr. Nadja Melko
Dauer:
2021-2024
Projektförderung:
Swiss National Science Foundation, SNF Project No. 197383